Raus

Raus

Manchmal machen Anwälte Urlaub. Selbstverständlich werden unterschiedliche Ansätze verfolgt. Cluburlaub mit den Kleinen auf den Malediven. Österreichisches Luxus-Spa. Familienspaß in Florida. Adults-only-Resort in Thailand. Soviel zu den Klassikern. Hauptsache teuer, Hauptsache vorhersehbar. Daneben gibt es die kleinen Rebellen unter den Anwälten. Die sich fast schon für Hipster halten. Wenn man sich denn selbst Hipster nennen würde. Zumindest cooler als die anderen. Reingerutscht und hängengeblieben auf Jura. Im Urlaub dann der erforderliche Ausbruch: Kitesurfen in Brasilien, Yoga auf Bali, Künstlervilla in Italien. Sport, Meditation, Kreativität. Verschriftlicht dann zum Beispiel so:

Die Villa. Der Pool. Die Kunst. Der Rosé.

Es besteht die Gefahr, diesen Ort durch mehr Worte zum hedonistischen Rückzugsort urbaner Intellektueller zu degradieren. Malerisch inmitten von 500 Hektar Land. Auf einem bewaldeten Hügelkamm. Überreste einer mittelalterlichen Burg. Ein verlassenes Dorf.

Menschen liegen träge am Pool, der Welt ein wenig entrückt. In Sorbetfarben gestreifte Sonnenschirme. Leise Musik, die sich irgendwo zwischen Elektro, Funk und Billy Wilders Filmmusik verliert. Nachmittäglicher Rosé und das Wasser leicht von einer Brise gekräuselt. Man fragt sich fast, wo Alain Delon und Romy Schneider bleiben. Doch das tragische Element fehlt.

Die Hülle aus vorübergezogenen Dekaden und lokalem Handwerk hebt es noch nicht ab von Vorbekanntem. Auch nicht die omnipräsente Kunst. Nur eins. Nur die Künstlerresidenz. Der partyaffine Musiker aus London. Der tiefgründige Filmemacher aus LA. Die freigeistige Produktdesignerin aus Mailand. Pulsierende Kreativität. Kochen ist Kunst. Kitschiger Dirty-Dancing-Wassermelonen-Vergleich. Weltverlorene Enklave.

Nicht alles ist perfekt. Darf es nicht. Leichte Unvollkommenheit ist Grundton des schimmernden Soundtracks. Der Putz bröckelt von der terracottafarbenen Villa. Kerzenwachs tropft auf ausgeblichene Holztische.

Tanzende Menschen auf der Wiese.

Sonnenuntergang.

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